Tiefe Gefühle über 3000 Kilometer Entfernung

Wie eine libanesische Hochzeit in Deutschland gefeiert wird
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VON KERSTIN SEELAND

In zwei Monaten haben Miriam Hijazi und Ali Nadi schon ihren fünften Hochzeitstag. Geheiratet haben sie ganz typisch libanesisch, allerdings nicht im Libanon, sondern in Elsfleth, im Vereinsheim des Schützenvereins.
 

Libanesische Hochzeit Miriam & Ali unter dem Schleier
Ein liebevolles und zartes Bild: Miriam und Ali unter dem spitzenbesetzten Schleier
© Foto: Privat

Aus zarten Banden erwuchs die Liebe

Es ist jedoch schon lange her, dass sich die beiden jungen Leute kennengelernt haben. „Das war vor fast 12 Jahren“, erinnert sich Miriam. Damals war sie 12 Jahre alt und Ali 14. Bei Verwandten im Libanon sind sie sich begegnet und haben damals zusammen Karten gespielt. Interesse an dem jeweils anderen hatten sie aber damals nicht. Das kam erst viel später.

2014 waren Miriam, die in Deutschland geboren ist und seit 20 Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit hat, und ihre Eltern wieder einmal zu Besuch bei der Familie im Libanon. Ali war dort mit seinen Eltern ebenfalls zu Besuch, denn die beiden Familien sind durch eine Hochzeit miteinander verbunden. Zu dieser Zeit haben sich Miriam und Ali, sie 16, er 17 Jahre alt, noch einmal getroffen und besser kennengelernt. Sie haben Telefonnummern getauscht und anschließend jedoch nur sporadisch Kontakt gehabt. Nach einem Jahr, im Oktober 2015, war Miriam erneut mit ihren Eltern und dem Bruder von Ali zu Besuch im Libanon. Schon vor dem Treffen mit Ali war Miriam super aufgeregt.

„Wir wollten uns unterhalten, ob es mit uns beiden für die Zukunft passt“, erinnert sich Miriam. Die beiden trafen sich, gingen auch ohne die jeweiligen Eltern spazieren und redeten viel miteinander. „Wir haben über unsere Vorstellungen von der Zukunft gesprochen. Dabei ging es unter darum, dass ich studieren und anschließend auch arbeiten wollte, ohne gleich nach der Hochzeit Kinder zu bekommen.“ Schon zu dieser Zeit hatten die beiden jungen Leute, die noch zur Schule gingen, Gefühle füreinander entwickelt. Über die Entfernung von 3000 Kilometer hinweg waren Wochen vor dem Treffen die Gefühle über viele Nachrichten über das Handy hinweg entstanden. Und nach dem Gespräch war klar, dass sich beide für den jeweils anderen entschieden haben.
 

Um die Braut wird angehalten

Am Sonntag, 25. Oktober 2015 kam dann Ali mit seiner ganzen Familie zu Miriams Eltern. Der Älteste aus seiner Familie, sein Opa, hat bei Miriams Vater um die Hand der Tochter für Ali angehalten, weil Alis Familie Miriam in der Familie haben wollte.

Dann wurde gemeinsam vereinbart, dass die Familie von Ali 5000 Euro als Mitgift für Miriam bezahlen sollte. Dieses Geld war nur für die künftige Braut, die darüber nach ihrem Ermessen verfügen sollte. Weitere 15.000 Euro waren als Sicherheit und Rücklage für Miriam gedacht, falls einmal etwas mit Ali passieren und sie damit erst einmal finanziell abgesichert sein sollte.

Zwei Tage später wurde eine kleine Verlobungsfeier ausgerichtet. Sie wurden von einem Imam im Libanon islamisch verheiratet, ähnlich der standesamtlichen Trauung in Deutschland. Damals waren die Eheleute 17 und 18 Jahre alt. Eines machen Miriam und Ali klar: „Bei uns im Libanon gibt es keine arrangierten Ehen, wie viele heute noch glauben.“
 

Libanesische Hochzeit - das Hochzeitsauto
Das Hochzeitsauto wurde traditionell geschmückt!
© Foto: Kerstin Seeland

Der Ehemann muss noch auf sein Visum warten

Am 2. November 2015 ist Miriam wieder mit ihren Eltern nach Deutschland zurückgeflogen. Ali besuchte daraufhin in seiner Heimatstadt einen Deutschkurs im Goethe-Institut und beantragte ein Visum für Deutschland. Erst am 9. Juli 2016 konnte er nach Deutschland kommen. Allerdings konnten die jungen Leute nicht zusammenleben, denn nach islamischer Tradition waren sie wie verlobt, so dass Miriam bei ihren Eltern wohnte und Ali zunächst bei seinem Bruder. Im November mietete er eine gemeinsame Wohnung in Elsfleth und richtete diese nach und nach ein.
 

Die Hochzeitsfeier in Elsfleth

Im Februar 2017 bereiteten sie gemeinsam die anstehende Hochzeit vor. Sie trug dabei traditionell ein weißes Kleid, er einen schwarzen Anzug. An diesem Tag hatte Miriam ein besonderes Make-up aufgelegt. Die Brautleute trafen sich in Bremen zum Fotoshooting, dann fuhren sie getrennt wieder zurück nach Elsfleth. Sie zu ihren Eltern, er in die Wohnung. Danach hat Ali sie mit der Familie von ihr zuhause abgeholt. Im geschmückten Fahrzeug ging es zunächst mit lautem Gehupe durch die Stadt und dann zum Schützenhaus. Dort hatte die Familie bereits alles vorbereitet: Tische aufgestellt, Dekoration aufgehängt und Getränke bereitgestellt. Die jüngeren Cousins sorgten für das Wohlergehen der Gäste. Ein DJ legte die Musik auf, die Ali und Miriam Cousins zuvor ausgewählt hatten.

Im Schützenhaus gab es einen sehr lautstarken Empfang für das Brautpaar. Im Saal wurden anschließend mehrere landestypische Tänze getanzt, die Frauen und Männer jeweils unter sich.

Für das leibliche Wohl wurde Hähnchen mit Salaten und Brot gereicht. Die Gäste brachten als Geschenke vor allem Umschläge mit Geld.

Zu fortgeschrittener Stunde wurde dann die Hochzeitstorte in den Saal gebracht. Mit extra verziertem Besteck reichte sich das Brautpaar den Kuchen und auch das Getränk danach wurde gegenseitig an. Bis weit in die Nacht wurde mit beiden Familien und Gästen laut getanzt und gefeiert. Anschließend konnte das Brautpaar dann erstmals gemeinsam in die eigene Wohnung fahren.
 

Libanesische Hochzeit - der Hochzeitstanz
Das frisch vermählte Paar zelebriert ihren Hochzeitstanz unter dem Schleier.
© Foto: Privat

Zukunft in Deutschland

Heute, nach fast fünf Jahren ihrer Hochzeit, hat Miriam ihr Studium beendet und macht gerade ihr Referendariat an der OBS Elsfleth, während Ali nach seinem Abitur im Libanon und weiteren Deutschkursen in Brake als Buchhalter bei der Schlachthof Elsfleth GmbH arbeitet.

„In all den Jahren sind wir noch viel mehr zusammengewachsen und unsere Gefühle füreinander sind noch viel größer geworden“, sagen beide einvernehmlich und schauen sich dabei tief in die Augen.