Verhüllt beim Anschneiden der Hochzeitstorte

Multikulturelle Hochzeit - Annika aus Deutschland und Martin aus Afghanistan feierten multikulturell
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VON DIRK WIETING

Annika und Martin Faqeri leben mit ihren drei Kindern in der Gemeinde Ganderkesee.
So unglaublich es klingen mag, aber ihr Kennenlernen haben sie einem Bombenangriff zu verdanken.

Auf dem Schulweg wurde Martin in Afghanistan durch eben diesen Bombenangriff schwer verletzt. Durch eine Initiative vom SOS-Kinderdorf kam er mit anderen Kindern in ein deutsches Krankenhaus in Braunschweig. Eine Rückkehr war nicht zu verantworten, denn in seiner Heimat herrschte Bürgerkrieg.
 

Im Pflegezentrum kennengelernt

Zunächst lebte Martin bei seinem Onkel in Wilhelmshaven und dann bei einer Pflegefamilie. Er absolvierte eine Ausbildung zum Krankenpfleger und anschließend drückte er wieder die Schulbank. Nebenbei arbeitete er im Pflegezentrum „Am Maddick“ in Sande und genau hier machte Annika ihre Ausbildung zur Ergotherapeutin. Am Bett eines Patienten sahen sich beide zum ersten – und nicht zum letzten Mal. Annika suchte einen neuen Bewohner für ihre Wohngemeinschaft und hatte ihn mit Martin schnell gefunden. Aus beiden wurde schnell ein Liebespaar. 2003 kündigte sich Nachwuchs an. Vorher sollte in jedem Fall geheiratet werden.
 

In afghanischer Tracht

Leichter gesagt als getan. Die dafür notwendige Geburtsurkunde gab es so in Afghanistan nicht. Erst als ein Nachweis in Form einer Registerkarte aus Afghanistan eingetroffen war, konnte am 7. Juli 2003 die Feier beginnen. Beide waren sich einig, es sollte ein Mix aus einer deutschen und einer afghanischen Hochzeit werden. Martin heiratete in afghanischer Tracht mit Umhängen. Die Braut in Afghanistan wird mit viel Schmuck versehen. Auch Annika bekam von ihrer Schwiegermutter ein Schmuckstück geschickt.

Martins Eltern konnten bei der Hochzeit ihres Sohnes nicht dabei sein. Dafür waren Verwandte von Martin gekommen, die mittlerweile in Europa leben. Ist in Afghanistan bei einer Hochzeit das ganze Dorf eingeladen, waren es bei Martin und Annika „nur“ 30 Gäste. Wie in Afghanistan Tradition, ist das Brautpaar beim Anschneiden der Hochzeitstorte unter einem Tuch verhüllt. „Beide schneiden sich gegenseitig das erste Stück Torte und kommen sich dabei näher“, lächelt Martin.
 

Bild: Privat / Frisch vermählt: Annika und Martin Faqeri. 

 

Mit Attan, Naan und Halva

Einige Tanten brachten die traditionelle Süßspeise „Halva“ mit, die u.a. aus gemahlenen Ölsamen, wie Sesam oder Pistazien gemacht wird. Wie in Afghanistan auch üblich, wurde die Brotsorte „Naan“ unter den Gästen verteilt. „Attan“, ein afghanischer Tanz, durfte auf dieser Hochzeit ebenfalls nicht fehlen. Die Frauen und Männer bilden jeweils einen Kreis und dann wird getanzt. „Die deutschen Gäste waren von diesem Tanz ganz begeistert“, schwärmt Annika noch heute.

Afghanisch-Deutsche Hochzeit - Annika & Martin nach 18 Jahren
Auch nach über 18 Jahren immer noch ein glückliches Paar.
© Foto: Dirk Wieting

Afghanen haben viel Humor

Ebenfalls wie in Afghanistan üblich, bereicherten die Gäste die Hochzeitsfeier mit Beiträgen. „Das ist dann vergleichbar mit einem Büttenabend. Die Afghanen haben viel Humor“, erklärt Martin. „Wir beide würden immer wieder eine multikulturelle Hochzeit feiern“, sind sich Annika und Martin einig.